AG Rudolstadt – Kein Abzug für ersparte Aufwendungen bei Mietwagenkostenersatz

Bei Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für einen Reparaturzeitraum von wenigen Tagen muss sich der Geschädigte keinen Eigenanteil an den Mietwagenkosten für ersparte Aufwendungen anrechnen lassen. Dies gilt auch bei Anmietung eines klassengleichen Fahrzeuges, AG Rudolstadt, Urteil vom 14.04.2010 – Az: 3 C 549/09, 2 C 104/09.

Die Entscheidung:

Entgegen der gängigen Praxis vieler Gerichte, die – worauf die Kläger zu Recht hinweisen – eine belastbare Begründung regelmäßig nicht liefern – ist das Amtsgericht Rudolstadt der Auffassung, dass sich ein Geschädigter bei Anmietung eines klassengleichen Fahrzeuges keinen pauschalen Abzug in Höhe von 10 Prozent der Mietwagenkosten von der Versicherung des Unfallverursachers anrechnen lassen muss.

Die gegenteilige Rechtsprechung vieler anderer Gerichte geht offenbar immer noch davon aus, dass die Nichtbenutzung des eigenen Fahrzeuges während des Reparaturzeitraumes für den Geschädigten tatsächlich als vermögenswerter Vorteil „wohl im Sinne der Schonung des eigenen Wagens“ sei, der mit einem Eigenanteil an den Mietwagenkosten als Gegenrechnungsposten bei der Schadenabrechnung abzugelten sei. Das AG Rudolstadt ist der Meinung, dass es einen solchen „Vermögensvorteil“ bei dem Geschädigten in Wahrheit nicht gibt. Angesichts heute üblicher Laufleistungen von mehreren hunderttausend Kilometern, einem bei gewöhnlichen Fahrzeugen kaum noch messbaren Ölverbrauch und Verschleiß an Verbrauchsteilen – bezogen jedenfalls auf i.d.R. wenige hundert Kilometer der Mietwagennutzung während der Mietzeit – ist das AG Rudolstadt vielmehr der Auffassung, dass in Fällen, wo das eigene Fahrzeug nur für ein paar wenige Tage unbenutzt bleibt, weil während der Reparaturzeit ein Mietwagen benutzt wird, kein tatsächlich messbarer Vorteil entsteht, der bei der Schadenersatzberechnung als Gegenrechnungsposition abgezogen werden müsste.

Im Fall hatte der klagende Geschädigte für 8 Tage während der Reparatur seines unfallbeschädigten Pkw einen Ersatzwagen angemietet, mit dem er in dieser Zeit 775 km gefahren war. Damit hatte er mit dem eigenen Fahrzeug einen Fahraufwand und den damit verbundenen Verschleißkostenaufwand erspart, der sich ausgehend von einer angenommenen Gesamtfahrleistung seines Fahrzeuges nicht einmal in Prozent sondern im Promillebereich bemessen lässt. Das Gericht sah sich damit außerstande, in nachvollziehbarer Weise einen bestimmten Bereicherungsbetrag zu ermitteln, um den der Kläger wegen der Schonung seines Wagens bereichert wurde, um jenen dann als Geldbetrag von der Summe der zu ersetzenden Mietwagenkosten wieder abzuziehen.

Anmerkung:

Ein schönes Beispiel für das Sprichwort: „Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand“. Denn je nachdem, von welcher Seite man sich der Sache nähert, geht der Streit um die sog. „ersparten Eigenaufwendungen“ beim Mietwagenkostenersatz auch aus. Das Schadenersatzrecht kennt verschiedene Grundsätze. So z.B. „Der Schädiger hat den Geschädigten so zu stellen, wie er ohne den von ihm angerichteten Schaden stünde“. Daraus folgt dann, dass Mietwagenkosten bei Inanspruchnahme eines Mietwagens zu bezahlen sind. Andererseits ist ebenfalls anerkannt: „Der Geschädigte soll am Unfall nicht verdienen“, „er soll nach dem Unfall nicht besser stehen als vorher.“ Und aus diesem Grundsatz leiten die Versicherungen ihre Argumentation für den notwendigen Abzug der ersparten Eigennutzung bei Mietwageninanspruchnahme her, der ihrer Meinung nach bei mindestens 10 bis 15 Prozent der Mietwagenkosten liegen soll. Richtig daran ist, dass es während der Anmietung natürlich eine gewisse Eigenersparnis gibt, deren genaue Höhe allerdings keine der Parteien nachvollziehbar bestimmen kann. Und in diesen Fällen darf das Gericht den anzurechnenden Betrag gem. § 287 ZPO schätzen – mit offenem Ausgang -, vorausgesetzt das Gericht sieht sich nicht sogar mangels Anknüpfungspunkten dazu, wie hier, vollends außerstande.

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